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Reden. Handeln. Echt sein.

Diese Andacht schrieb ich fürs Schülerforum der Landeskirche Hannovers.

Gott spricht: „Seht, ich mache alles neu!“
Unsere Welt ist nicht vollkommen aber sie ist auch nicht unveränderlich. Du kannst etwas bewegen. Und dabei bist du nicht allein.

So nah, egal, wie weit entfernt.
Es könnte nicht stärker von Herzen kommen.
Für immer darauf vertrauend wer wir sind
und nichts anderes ist von Bedeutung.

Noch nie habe ich mich in dieser Form geöffnet.
Es ist unser Leben, wir leben es auf unsere Weise.
All diese Worte die ich nicht nur einfach so sage

Vertrauen suche ich und finde es in dir.
Jeden Tag etwas Neues für uns.
Offen für eine andere Betrachtungsweise

Interessierte mich nie, was die anderen tun.
Kümmerte mich nie, was sie wissen,
aber ich weiss.
[…] Und nichts anderes ist von Bedeutung.

Ob ich eine Andacht schreiben will haben sie gefragt. Eine Abschlussandacht fürs Schülerforum. Die letzten Worte also, die euch heute mit auf den Weg gegeben werden. Aber was soll ich euch erzählen, was ihr heute noch nicht gehört habt? Außerdem war´s ein langer Tag und wir wollen alle langsam nach Hause. Ich fasse mich also kurz.

Ich könnte euch eine Moralpredigt halten. Euch erzählen, wie gutes Reden und Handeln funktioniert und euch dann noch in einem Rundumschlag vor den Gefahren des Rauchens, Drogennehmens, der Gewalt, Kriminalität und vor allem, vor allem könnte ich euch vor der bösen Welt des „Internets“ warnen. Kann man machen, muss man aber nicht.

Ich könnte euch auch eine Anekdote aus meinem Leben erzählen, eine Geschichte aus meiner Jugend, aber zugegeben, das kann ich in 50 Jahren immer noch machen. Was könnte ich also noch tun? Ich könnte euch auch, und das ist ja bei so´ner Andacht ja nicht allzu unüblich, was von mir erzählen und auch von Gott und ich finde das ist eigentlich keine schlechte Idee.

Hallo, mein Name ist Julia, ich bin 19 Jahre alt, Studentin, und ich glaube an Gott.
Ein einfacher Satz, ein paar Infos über mich und doch ein Satz, der mir früher schwer gefallen wäre. Er sagt etwas über mich aus. Ich gebe etwas von mir Preis und wenn ich das tue, egal in welcher Weise, dann mache ich mich damit angreifbar.

Wenn ich hier stehe und sage, Ja! Ich glaube an Gott, dann entsteht in diesem Moment ein Bild von mir in eurem Kopf. Automatisch. Wir sortieren andere Menschen ein. Das ist normal, das ist wichtig und auch gut so.

Aber dieses Bild ist nie neutral. Die Info in eurem Kopf ist nicht „Julia, 19, Studentin, glaubt an Gott“. Nicht nur. Dazu kommt eine Wertung und bei jemandem, der was mit Kirche zu tun hat klingt so ein Satz nun mal sehr schnell nach „Julia, 19, Studentin, streng gläubig, lehnt die moderne Welt ab, bestreitet die Evolutionstheorie und braucht kein Bücherregal, weil die Bibel sowieso das einzige Buch ist, was sie liest und das passt ja auch gut auf den Nachttisch.“ Ich kann das verstehen. Geht mir ja in anderen Fällen ganz genauso.

Reden. Handeln. Echt sein.

Unsere Worte und Taten sind es, die uns zu der und zu dem machen, wer wir sind. Wir wollen echt sein, zu uns selber stehen, aber das ist nicht so einfach. Wir möchten anderen gefallen, wir wollen, das man uns mag. Unbequeme Fragen stellen, Kritik äußern entgegen der allgemeinen Meinung, sich einsetzen für das, was einem am Herzen liegt, das ist nicht immer leicht. Ganz und gar nicht.

Der wohl bekannteste Satz, den Luther einmal gesagt haben soll, ist wohl „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“. Er sagt das, als man ihn auffordert die ziemliche krasse und deutliche Kritik, die er öffentlich an der Kirche geäußert hat, wieder zurückzunehmen. Aber er kann´s nicht. Sein Leben ist bedroht. Aber er kann es nicht. Sein Gewissen will es ihm nicht erlauben, das zurückzunehmen, was er für die Wahrheit hält. Er steht dazu. Er ist überzeugt. Und er bleibt dabei.

Ich möchte euch heute nicht nur erzählen, was man tun sollte, denn dann bleibt es bei bloßen Worten. Ich kann nicht von etwas reden, was ich selbst nicht umsetze, also will ich es tun. Wenn ich mir eins wünschen könnte, was dieser Tag bewirken soll, dann wäre es eine neue Schublade in eurem Kopf. Eine mit Beispielen, wie Kirche auch sein kann. Entgegen den alten Vorurteilen, die, und das muss man ja auch mal so sagen, immer irgendwo einen wahren Kern haben.

Ich möchte von mir sprechen und meine Meinung sagen. Ganz offen und kritisch. Denn so feiern wir heute wirklich Reformation und beweisen, dass Kirche Mut hat. Mut zur Diskussion. Mut sich euren Fragen, euren Zweifeln und eurer Kritik zu stellen.

Also los:

Hallo, mein Name ist Julia, ich bin 19 Jahre alt, Studentin und ich glaube an Gott.

In meiner Freizeit höre ich keine Orgelmusik, sondern am liebsten Folk und Punk Rock.
Ich gehe nicht jede Woche in den Gottesdienst und wenn, dann finde ich ihn oft ebenso spannend wie ihr, aber das ist für mich kein Austrittsgrund sondern die Motivation daran etwas zu verbessern.

Ich habe nichts, aber auch gar nichts gegen Homosexualität und finde es falsch die Angst vor Andersartigkeit mit Religion zu begründen. Ich finde es wird Zeit, dass wir nicht mehr nur über die Segnung sondern über die kirchliche Trauung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften reden.

Dass wir in diesem Jahr die Reformation feiern und mit ihr auch das Wirken Martin Luthers, heißt nicht, dass wir nicht darüber reden können wie judenfeindlich Luther und viele seiner Zeit waren. Das war so. Luther war judenfeindlich. Wir sind es nicht. Ganz und gar nicht. Wir können heute Reformation feiern und klar machen, dass wir uns für ein friedliches Miteinander der Religionen einsetzen und solche Aussagen heute nicht mehr tolerieren. Wenn Menschen in Deutschland gegen Rechtsextremismus und für Vielfalt auf die Straße gehen, wie ich es auch schon oft getan habe, dann erfüllt mich das mit Stolz.
Wenn Menschen in Deutschland aber auf die Straße gehen und von einer gewissen „Alternative“ sprechen, von den Gefahren durch Zuwanderung und Aufnahme von Geflüchteten, dann ist das für mich der wahre Untergang des Abendlandes, denn wer christliche Werte hochhält und gleichzeitig die Aufnahme von Menschen ablehnt, die vor Krieg und Terror fliehen, der hat ganz eindeutig nicht verstanden, was Christsein bedeutet.

Reden. Handeln. Echt sein.

Mal den Mund aufmachen und sich aus dem Fenster lehnen. Position beziehen.
Für andere einstehen. Sich einsetzen. Farbe bekennen, aber bitte nicht braun.
Welche Worte sind es, die nur darauf warten von dir ausgesprochen zu werden?
Und traust du dich?

Hallo, mein Name ist Julia. Ich glaube an Gott und ich glaube vor allem,
dass sie einen Plan für dich hat, dass sie´s gut meint mit dir.
…Ob du willst, oder nicht…

Amen.

Gebet und Segen
Gott, Du bist uns nah, egal, wie weit entfernt.
Wir vertrauen darauf wer wir sind und dass Du uns genau so annimmst.
Vertrauen suchen wir und finden es in Dir.
Jeden Tag hälst du etwas Neues für uns bereit, begleitest, ermutigst, forderst heraus.
Hilf uns, immer offen zu sein für neue und andere Betrachtungsweisen, damit wir nicht stillstehen sondern uns auf andere einlassen, uns Fragen stellen und für das eintreten was uns am Herzen liegt.
Du bist uns nah, egal wie weit entfernt.
Und nichts anderes ist von Bedeutung.

Gott spricht: „Seht, ich mache alles neu!“
Unsere Welt ist nicht vollkommen aber sie ist auch nicht unveränderlich.
Du kannst etwas bewegen. Und dabei bist du nicht allein.

Ich wünsche dir einen göttlichen Anstupser,
wenn du dich selbst nicht traust.
Ich wünsche dir göttliche Gelassenheit
und die Gewissheit, dass du zählst,
als Mensch, so wie du bist.
Ich wünsche dir göttlichen Segen.
Wenn ihr nach Hause geht,
dann nehmt ihn mit. Und gebt ihn weiter.

Im Reden. Im Handeln.
Mit eurer Art echt zu sein.

Amen.

2 Antworten auf „Reden. Handeln. Echt sein.“

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